In Lyon fließen drei Flüsse: die Saône, die Rhône und der Beaujoulais. Letzerer ist freilich ein Wein. Was heißt, DER Wein. Alle Jahre wird der Beaujoulais Nouveau am dritten Donnerstag im November mit einem feucht-fröhlichen Volksfest feierlich aus der Taufe gehoben. Kein großer Wein, aber sehr beliebt. Das Anbaugebiet liegt im Süden der Bourgogne direkt vor den Toren Lyons.
Und da wären wir auch schon voll im Hauptthema. Denn in der Stadt des Löwen geht es hauptsählich um “Raubtierfütterung”, also das wohlige Sattmachen von Franzosen und Touristen – und das auf höchstem Niveau. Essen und Trinken ist in Lyon nämlich die Sehenswürdigkeit Nr. 1.
“Bonjour bei der Bride Mary-Tour durch die französische Gourmet-Hauptstadt! Der ideale Trip beginnt mit einem späten Frühstück in “Les Halles de Lyon Paul Bocuse” (102 Cours Lafayette, täglich ab 9 Uhr geöffnet), jener Star-Koch, der sowohl Lyon, aber vor allem die Sterneküche weltberühmt gemacht hat. Er selbst ist nicht mehr, aber sein Stern wird wohl nie erlöschen. In der Markthalle gibt es alles, was sich nicht mal “Gott in Frankreich” für ein genüssliches Leben erträumt hätte.
Apropos Paté! Der Göttergatte und ich sind große Fans von Tim Melzers Sendung “Kitchen impossible” – also wandelten wir in Lyon in dessen kulinarischen Spuren. Tim tritt im Duell gegen Koch-Kapazunder an. Man stellt sich gegenseitig Aufgaben, die der andere ohne Rezept möglichst originalgetreu nachkochen muss. Tim Mälzer schickte in einer Folge Konstantin Filippou (4 Hauben) in die Bouchon Meunière, um alle Ingredienzen der Paté croûte herauszufinden. Ich muss nicht extra erwähnen, dass Konstantin das mit Bravour gemeistert und Mälzer geschlagen hat.
Das ist nicht einfach, schließlich besteht die berühmteste Pastete Lyons aus Schweinenacken, Kalbsgeschnetzeltem, Entenherzen, Gänse- oder Entenleber, Perlhuhn, etc. Wir essen ja alles und so probierten wir uns das ganze Wochenende durch typische Lyoneser Spezialitäten.
Die Mütter und der Vater der Lyoneser Küche
Am Anfang waren es die Frauen, die diese Küche prägten. Einst Köchinnen reicher Bürger und Adeliger verloren die “Mères Lyonnaises” im Zuge der Rezession nach dem Krieg von 1870/71 ihre Jobs und eröffneten nach und nach ihre eigenen Gasthäuser, in denen sie Handwerker, Seidenweber und Fabriksarbeiter verköstigten. Die Rezepte waren raffiniert, die Zeiten karg. Also zauberten sie “Haute Cuisine” aus “Abfall”-Produkten wie Hirn, Kutteln, Innereien oder Ziegenfüßem. Als die Zeiten besser wurden, verfeinerten sie den Speiseplan dieser “Bouchons” mit Poullarde (das Presshuhn stammt auch aus der Gegend) mit Trüffelscheiben oder die Quenelle – feine Hecktknödel mit Flußkrebs-Sauce.
Die Bouchons sind alle hervorragend gewesen – empfehlen kann ich hier noch “Aux trois cochons” – zu den drei Schweinchen ( 9 Rue des Marronniers), wo wir Froschschenkel und die typische Lyonnaiser Wurst genossen. Wer auf den Spuren von Bocuse wandeln möchte, geht in eines seiner vier (leistbaren) Bistros (Le Nord, Le Sud, Brasserie de L’ Ouest oder de L’Est) oder ins Stammhaus L’ Auberge du Pont de Collonges etwas außerhalb Lyons und wirklich sauteuer. Tipp: Einfach treiben lassen, in der City gibt es so viele nette “Beisln”, auch Epicerien genannt.
Was man außer essen und trinken tut? Spazieren gehen, das Musée des Beaux-Arts besuchen und ein wenig Geschichte atmen. Lyons Innenstadt ist wie erwähnt auf einer Halbinsel zwischen den Flüssen gelegen, hier befinden sich angeblich 4.000 Lokale und nette Geschäfte (noch nicht überglobalisiert). Über das Ufer der Saône gelangt man ins Renaissance-Viertel mit verwunschenen kleinen Gässchen, gut erhaltenen Innenhöfen und vielen Kirchen. Hoch oben am Hügel thront die eher junge Notre Dame (aus dem 19. Jahrhundert), steinalt die Kathedrale St. Jean im Herzen der Altstadt, in der schon Katharina de Medici Heinrich IV. heiratete und in der Napoleon betete.
Was noch typisch für Lyon ist? Puppen. Überall treibt der rundgesichtige Rotnasige, der französische Kasperl sein Unwesen. Gone heißt in Lyon Kind, und weil ihn jedes Kind kennt und er hier geboren wurde, nennt man den Holz-Kameraden, der immer in der Uniform der alten Seidenweber gekleidet ist, Guignol.
Aber Lyon ist keinesfalls verstaubt, es ist ebenso eine pulsierende, moderne Stadt, geprägt von zahlreichen Graffitis der Lyoner Künstlergruppe Cité Création, wie z. B. die Fresque de Lyonnais, in der viele Berühmtheiten Frankreichs verewigt wurden.
Und dann entsteht am Ende der Halbinsel gerade ein ganz neues (Hafen)-Viertel, La Confluence, wo urbane Hipster-Wohnungen erbaut wurden, Lokale am Wasser oder Firmensitze wie z. B. Euronews – ein quietschgrünes Medienhaus und natürlich das spektakulär aussehende Musée de la Confluence – entworfen von Österreichs Star-Architekten Coop Himmelblau.
Au revoir, Lyon! Ich hoffe, ich konnte ein wenig Appetit auf den Schlund Frankreichs machen. Küsschen, eure Bride Mary!
OJ Perry
Super Story!! Ich mag eure Reisegeschichten so sehr. Bitte mehr davon. Bussl Olli
admin
Danke, lieber OJ, next Post this Week, Busserl von Bride Mary
admin
Danke, lieber OJ! Derzeit wenig zu berichten auf Bride Mary on Tour – daher aus der Conserve – demnächst zum 3. Hochzeitstag, Bussi Marion
Gabriela Daumann
Also die Seychellen sind mein Top-Favorit. Unglaublich. Muss aber irre teuer sein. Schöne Impressionen. Danke.
admin
Liebe Gabriele, immer wieder gerne! Derzeit eher eingeschränktes Reisen, aber demnächst gibt es bissi was Neues aus der Konserve, lg Marion