Man kann die hügelige Stadt unweit des westlichsten Zipfels Europas – Cabo da Roca – auf viele Arten erkunden. Zu Fuß, mit einer der berühmten alten Tramways, mit Taxis und Bussen, E-Scooters und E-Mobilen, aber am Lustigsten ist eine Fahrt mit dem Tuk Tuk. Die ChauffeurInnen sind auch kundige Guides und schnattern mit dem Knattern der witzigen Gefährte gerne um die Wette. Bem vindo a Lisboa!
Gute Aussichten!
Das Castelo de Sao Jorge bietet einen der traumhaften Aussichtspunkte, die sich in Lissabon Miradouro nennen. Einst Königssitz, ist die imposante Ruine heute von vielen frei herumlaufenden Pfauen besetzt. Und die wissen auch, was sie für ihr Dasein leisten müssen…
Miradouros gibt es wie Sand am nahegelegenen Meer. Romantisch sind sie vor allem zum Sonnenuntergang. Und in Wahrheit nicht weit voneinander entfernt.
Das Gebäude am Miradouro de Santa Luzia ist mit den landestypischen blau-weißen Kacheln gefliest. Sie sind an allen Ecken und Enden in Lissabon zu bewundern – und finden sich auf unzähligen Souvenirs wieder.
Ja, und auch dieser Aufzug, der Elevador de Santa Justa, gilt als Miradouro. Erbaut wurde er von einem Schüler Gustav Eiffels, Architekt Raoul Mésnier du Ponsard. Er verbindet die Stadtteile Baixa (die flache Unterstadt, das absolute Touristen-Epizentrum) und das Bairro Alto (Oberstadt). Hier stehen immer Leute an, das war uns zu mühsam. Oder er ist frühmorgens noch geschlossen.
Weiter zum nächsten Aussichtspunkt. Portas do Sol. Leicht zu finden. Durch die schmalen Gassen der Alfama (so heißt dieses ehemalige arabische Viertel der Altstadt) vom Castelo de Sao Jorge bis zum Panteao Nacional. Hier gibt es eine Outdoor-Bar für den Sundowner. Was Deko und Gestaltung betrifft, ist übrigens bei allen Terrassen, die wir so gesehen haben, viel Luft nach oben.
Nun machen wir noch einen schnellen Gegenschuss zum Castelo – und da hat man den besten Blick von Miradouro Sao Pedro Alcantara im Viertel Bairro Alto. Am Wochenende herrscht hier reges Treiben an einem Markt, gleich dahinter beginnt ein nettes Ausgeh-Viertel.
Einer meiner Lieblingsmiradouros war der da Graca. Tipp: Gleich in der Früh mit der Bim-Linie 28 hinauffahren (sonst stehen zu viele Leute an) und gleich neben der Station beim Bäcker einfallen und dann mit dieser Aussicht frühstücken. Man sieht von hier aus wieder auf die Burg bis hin zur Ponte 25 de Abril – oder auch San Francisco-Brücke genannt.
Apropos Frühstück. Mein Tipp ist, nicht im Hotel die erste Mahlzeit des Tages zu sich nehmen, denn Lissabon ist ein Paradies für Mehlspeistiger und es gibt noch mehr Bäckereien als Miradouros. Die süße Visitenkarte der Stadt heißt Pastel de Nata. Kleines Küchlein, große Geschichte.
Die Geschichte der Pastel de Nata
Das Rezept entstand im 19. Jahrhundert im Stadtteil Belém – und zwar im Hieronymuskloster (dazu später). Für die Mönche waren die süßen Blätterteigtörtchen mit Vanillecremefülle ein Alltagsessen. Die benötigten Zutaten landeten am Hafen, gleich neben dem Torre de Belém, vor den Toren ihres Klosters . Und ein Hauptbestandteil, das Eigelb, gab es ohnehin en masse: zum Stärken ihrer Hauben aus Leinen benötigten die Klosternonnen viel Eiweiß, das Eigelb war quasi Abfallprodukt.
1834 kam das Rezept (angeblich kennen es auch heute nur 3 Personen) in weltliche Hände, als der Orden im Zuge der liberalen Revolution aufgelöst wurde. Ein schlauer Mönch verkaufte es an die benachbarte Zuckerraffinerie. 1837 gingen in deren Ladenlokal die ersten Törtchen namens pastéis de Belém über denselben Verkaufstresen, an dem noch heute die Leute Schlange stehen. Deshalb rate ich euch, die Törtchen ÜBERALL anders zu probieren, als dort. Der “Zauner von Lissabon” verkauft in starken Zeiten zwischen 20.000 und 40.000 Stück pro Tag.
Überall anders heißen die Küchlein eben Pastel oder Pasteis de Nata. Sehr gut sind sie auch in der Bäckerei Manteigaria (z. B. gleich neben dem Eingang in die Markthalle). Sie schmecken wirklich überall. Mal süßer, mal cremiger, mal fester, mal flüssiger.
Der Kult um die Süssis zeigt alleine schon der jährliche Wettbewerb “O Melhor Pastel de Nata de Lisboa”, der jedes Jahr die besten Törtchen kürt. Die Pasteleria de Belém macht bei diesem Contest nicht mit.
Und dann darf ich euch noch einen flauschiges Frühstücksknaller servieren. Wie der Name schon sagt ist dieses Germgebäck göttlich
FOOD TO KNOW YOU!
Ein bekanntes portugiesisches Sprichwort besagt, dass es mehr Kabeljau-Rezepte gibt als Tage im Jahr. Bacalhau ist das Grundnahrungsmittel des Landes – und besonders fein sind die Pasteis de bacalhau, also wiederum kleine Törtchen – wir würden sagen Kroketten – gefüllt mit Kabeljau und Kartoffelpüree.
Wo wir da sind? Da wäre ich auch schon bei einem Restaurant-Tipp, der leider nicht mehr ganz so geheim ist, aber sehenswert. Das Chapito – am Fuße des Castelo de Sao Jorge. Das schräge Lokal befindet sich in einem ehemaligen Frauengefängnis, das nun eine Zirkusschule beherbergt und Lissabonner Küche serviert – mit großartigem Ausblick.
Das Chapito ist übrigens eine gemeinnützige und nichtstaatliche Organisation für Entwicklung, Förderung der sozialen Inklusion und Berufsausbildung von Jugendlichen durch die darstellenden Künste. Preise sehr ok. Top ist auch der Burger und das Prego, ein ganz typisches Gericht in Lissabon. Hier wird ein Steak in zwei Brotscheiben – oder noch besser: Bolo do caco gelegt. Dieses Fladenbrot wird traditionell über Basaltstein gebacken und stammt von der Insel Madeira. Man wird auch gefragt, wie man sein Steak/seinen Burger gerne hätte.
Wer authentisches Flair sucht, begibt sich am besten ins Alfama Viertel. Es gibt unzählige Beisln (auch mit Fado-Musik, wer das will), die meisten mittlerweile sehr touristisch, aber das Grelhador de alfama (Bild unten) ist ein Hit. Geführt von einem alten Ehepaar, tischt man hier nur Gegrilltes auf. Als Gedeck stellt die Wirtin eine warme BBQ-Chorizo hin sowie den bekannten portugiesischen Quejo da Serra (diese Schafkäse-Spezialität kommt entweder gummiartig oder wie ein Camembert daher). Ein Gedeck ist überall Usus, man muss es aber nicht nehmen. Quasi Gruß der Küche, der aber etwas kostet. Die Tische sind heiß begehrt, wenn man fertig gegessen hat, kommt alsbald die Rechnung!
Was uns besonders gut gefallen hat, war ein Lunch direkt am Tejo (der Fluss, der kurz nach Lissabon ins Meer mündet). Gleich unter der San Francisco-Brücke ist ein kleiner Hafen mit viel Gastro – nett ist das Doca de Sto. Amaro.
Urig ist die Cervejeria Ramiro. 1956 von Cervejaria Ramiro als Kleines “Weidehaus” eröffnet, entwickelte es sich rasch zu einem gut besuchten Treffpunkt für Bier- und Fisch-Liebhaber. Alle sind ganz wild auf die Giant Tiger Prawns.
Und was man unbedingt gegessen haben sollte, sind Sardhinas assadas. Nichts geht hier ohne. Ich probierte sie im Strandort unweit von Lissabon entfernt, in Cascais (ca. 40 Minuten mit dem Zug vom Bahnhof am Tejo).
Der Instahit ist momentan die Park bar – direkt auf der Dachterrasse eines Parkhauses. Da muss man um 16 Uhr, wenn sie öffnet, schnell sein, sonst ist alles bummvoll. Nach Sonnenuntergang mutiert die Location zum (lauten) Outdoor-Club.
Nun ein Tipp für einen wunderschönen langen Spaziergang. Ausgangspunkt ist der größte Platz Lissabons, der Praca do Comércio direkt am Tejo. Von dort geht ihr Richtung Meer (und Brücke).
Am Flussufer entlang passiert man das Maat, das Museum für Kunst, Architektur und Technologie (Hammer-Gebäude), und gelangt alsbald zum imposanten Monolithen Padrao dos Cescorbrimentos im Stadtteil Belém. Er wurde1960 zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer errichtet.
Danach folgt der Torre de Belém, der einst die heimkommenden Seefahrer begrüßte.
Gleich gegenüber lohnt sich ein Abstecher zu einem der ältesten Bauwerke der Stadt (Gothik) – das Kloster Mosteiro des Jerónimos (da wo die berühmten Törtchen erfunden wurden und daneben die oben erwähnte Pasteleria de Belém beheimatet ist).
Ab da beginnen eigentlich bald die Badeorte wie Praia Carcavelos (erster Strand nach Lissabon- und was für einer), Estoril und Cascais.
Mit einem kleinen Straßenbahnbummel verabschiede ich mich schweren Herzens aus Lissabon …
Küsschen, eure Bride Mary on Tour!