Certo, die Berühmten und Reichen wissen und wussten immer schon, wo es am schönsten ist. Kaiser Tiberius, römischer Kaiser von 14 bis 37 n. Chr., regierte beispielsweise sein Reich von Capri aus. Und auch der damals reichste Mann Deutschlands, Friedrich Alfred Krupp, zog es auf die isola bella im Golf von Neapel. Beide hatten dafür ihre speziellen Gründe: sie konnten dort ihre Homosexualität ausleben. Doch die Orgien blieben zumindest bei Letzterem nicht unverborgen. Krupp wurde 1902 in einer deutschen Zeitung geoutet – der Skandal war perfekt. Capri noch berühmter.
Vor allem Schriftsteller wurden von Capri quasi hypnotisiert. Von Göthe wusste man, wie sehr er die Gegend, wo die Zitronen blühen, liebte. Rainer Maria Rilke ließ sich hier ebenso inspirieren wie Maxim Gorki oder Axel Munthe, dessen Haus heute ein Museum ist. Somit ist das Mittelmeer-Kleinod die wohl meist beschriebene Insel der Welt – 1.000 Bücher wurden über das mondäne Eiland bereits verfasst. Im Palazzo Cherio werden sie alle gesammelt.
Der Schlager “Capri Fischer“, gesungen 1949 vom Deutschen Rudi Schuricke, hat die Italien-Sehnsucht der Wirtschaftswunder-Generation beflügelt, ab den 1950ern zog es den Jet Set in die zitronengelbe Idylle: Sofia Loren, Prinzessin Margaret, Jacky Kennedy, Gracia Patricia. Noch heute sieht man in den Auslagen der Restaurants unzählige Schnappschüsse von Stars wie Mariah Carey oder Jennifer Lopez wie sie Pizza und Pasta futtern.
Die Gründe liegen auf der Hand. Es ist diese atemberaubende Landschaft, geprägt von den Faraglioni-Felsen und der Blauen Grotte.
Ihre besondere Form machen sie zu einem magischen Anziehungspunkt. Homer beschrieb schon in der Odyssee die Gebilde als jene Felsbrocken, die der Zyklop Polyphem auf Odysseus warf. In der Äneis jedoch spricht Vergil davon als den Treffpunkt der Sirenen. Von diesen imposanten Felsen kam ihr süßer Gesang, der die Matrosen verzauberte und in Tod zog.
Der griechische Geograf Strabon allerdings ortete die Fabelwesen (halb Mensch, halb Vogel, später halb Fisch) vor der Amalfiküste (Gemeinde Positano) und benannte die kleinen Inseln nach den drei heulenden Wesen – Sirenusen – oder heute: Li Galli.
Die drei Faros (übersetzt Leuchtturm, weil man einst auf ihnen Leuchtfeuer entzündete) sieht man am besten vom Boot oder Schiff aus (es werden zahlreiche Exkursionen angeboten), aber auch von der Marina Piccola, wo es wenige Strandclubs und Restaurants gibt.
Die Blaue Grotte kannten auch schon die Alten Römer. Das weiß man, seitdem alte Statuen in der Höhle gefunden wurden. Eine Besichtigung ist nichts für schwache Nerven. Vom Ausflugsboot steigt man mehr oder weniger geschmeidig in kleine Ruderboote. Dann heißt es Kopf einziehen, um durch die Passage (nur 1,50 Meter hoch) zu kommen, wo man dann sein blaues Wunder erlebt. Begleitet von einer Kakophonie aus Opernarien, die jeder Bootsführer währenddessen singt. Jeder eine andere.
Der deutsche Erfinder, Landschaftsmaler und Schriftsteller August Kopisch machte sie 1826 populär. Ein Fischer aus Capri hatte sie Kopisch gezeigt und der verbreitete voller Begeisterung die Nachricht in ganz Europa. Eine Legende entstand.
Capri ist also weltberühmt und wunderschön, wenn auch die Schönheit oft von Touristenhorden übertüncht wird. Tagsüber, wohlgemerkt. Denn, wenn die letzte Fähre gen Festland ausläuft, sind die Hotelgäste, Hausbesitzer und Capresen unter sich.
Man schlängelt sich durch die winzigen Gassen von Capri Stadt, schaut in die Auslagen der Designer-Shops in der Via Camarelle oder beobachtet das Treiben von der Terrasse des Quisisana aus. Das Luxushotel war einst als Sanatorium geplant, übersetzt heißt es aber bis heute so: „hier gesundet man“. Deshalb relaxten da Oscar Wilde, Jean Paul Sartre, Maksim Gorki, Maximilian Schell und natürlich die heutigen Gutbetuchten.
Capri ist winzig, aber es gibt ein paar nette Spaziergänge. Auf der Via Tragara zum Beispiel, das ist ein Panoramaweg, der zur Punta di Tragara führt. Vom Aussichtspunkt am Ende des Weges sieht man wieder die Faraglioni-Felsen. Oder, zu den Augustusgärten mit Blick auf die Villa Krupp (die heute ein Hotel ist) auf der einen Seite, und – erraten, auf die Faraglioni auf der anderen.
Nicht versäumen sollte man einen Besuch in der Kartause des Heiligen Jakobus, wenn man von den Augustus-Gärten wieder retour geht. Ein duftes Erlebnis. 1380 besuchte Königin Johanna von Anjou unangemeldet Capri – der Prior ließ hektisch große Sträuße mit Blumen der Umgebung binden. 3 Tage standen diese in der Vase. Als der Priester die Blumen entsorgen wollte, bemerkte er das wohlduftende Wasser. Sein Mitbruder, der in die Geheimnisse der Alchemie eingeweiht war, entwickelte daraus das erste Parfum Capris.
1948 wurde die alte Formel wieder entdeckt, ein Chemiker richtete im Koster das Labor Carthusia ein, das durch eine Glaswand vom Shop getrennt ist. Heute sind die Duftwässerchen, Kerzen, Seifen und Essenzen unter diesem Namen weltberühmt.
Wofür Capri (abgesehen von den Capri-Hosen) noch weltberühmt ist, sind hauchzarte, handgefertigte Zehen-Schlapfen. Eben die Capri-Sandalen. Einer, der sich mit deren Erfindung brüstet, ist der Sandalenschuster Canfora (Via Camarelle 3). Gegründet 1946. Noch heute verwahren seine Erben die Fuß-Maße von Sofia Loren oder Jacky Kennedy im Archiv. Kostenpunkt zwischen 150,- und 250,- Euro.
Ein wenig günstiger und somit ein Geheimtipp ist ein Ausflug nach Anacapri zu Meister Antonia Viva in die Via Giuseppe Orlandi 75. Leider ist er im September verstorben, aber sein Geist und seine Handwerkskunst leben weiter in dessen Sohn. Man kann sich hier seine ganz persönlichen “Capris” zusammenstellen lassen. Nach 40 Minuten sind sie fertig.
Anacapri (oberhalb der Hauptstadt) wirkt nicht ganz so mondän, eher ein bisschen verschlafen und nicht so herausgeputzt.
Sehenswert ist die Kirche San Michele – vor allem aufgrund der imposanten Bodenmalerei. Sie erzählt die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies. Die bestens erhaltene Arbeit stammt aus dem Jahr 1761 und wurde von Leonardo Chiaiese, einem der besten Keramikkünstler im Neapel des 18. Jahrhunderts erschaffen.
Von Anacapri aus kann man auch mit einem alten Sessellift auf den Monto Solero hinauf fahren (herrlicher Ausblick), aber uns genügte schon die ganz normale Aussicht (siehe erstes Bild).
Grosses Gewusel herrscht immer in der Marina Grande, da hier alle Capri-Gäste ankommen. Mit der Funiculare geht es rauf in die Stadt, wenn man endlich den Ticket-Schalter gefunden hat. Unpraktischerweise befindet sich dieser nicht bei der Station der Standseilbahn, sondern irgendwo um’s Eck, wo man sich drei mal durchfragen muss.
Wer denn einmal den viel besungenen Sonnenuntergang standesgemäß erleben möchte, der macht einen Abstecher zum Leuchtturm von Punta Carena, einer der ältesten Italiens. Er befindet sich in einer felsigen Bucht (Gemeinde Anacapri). Hier gibt es einige Touri-Lokale mit Live-Musik zum Sun-Downer.
Dove mangiare? Das Essen ist, wie man ahnen kann, überall in Italien gut, natürlich auch hier. Ein paar Empfehlungen für Capri Stadt: Al Grottino, Donna Rachele (sieht aus, als hätten die Lollobrigida oder die Loren gerade eben noch hier ihre Spaghetti gegessen) oder die Villa Verde – berühmt für ihre Pizzen – und, dass alle Stars hier waren.
Alora, das war es auch schon wieder. Küsschen aus Capri, eure Bride Mar yon Tour! Danke auch Ingrid Riedel-Taschner für Fotosupport!