Aufregend … zum ersten Mal schreibt jemand anderer auf “Bride Mary on Tour”. Ich freue mich sehr, Tom ist einer meiner längsten (ältesten sagt man nicht) Freunde und diese Reise könnte ich aus zwei Gründen nie antreten: 1.) zu teuer, 2.) Seekranktheit. Folgt also Tom und seiner Frau Anja auf ihrem großen Abenteuer. Teil 1: Argentinien, Falkland und Südgeorgien.
von Tom Drexler (Dezember 2019)
Die Antarktis war immer schon unser Traumziel, eine Reise, die man sich vielleicht einmal im Leben gönnt. Wir haben uns diesen Traum erfüllt und sind mit der Hanseatic Nature, dem neuesten Schiff von Hapag-Lloyd, mehr als zwei Wochen durch die südlichsten Gewässer der Welt gefahren.
Die Hanseatic Nature ist ein kleines, extrem luxuriöses Schiff. In die Antarktis fahren maximal 199 Gäste. 175 Crewmitglieder sorgen für das Wohl der Passagiere. Das Schiff ist brandneu, ultramodern und erst im Mai 2019 vom Stapel in Norwegen gelaufen. Der diesel-elektrische Antrieb fährt mit schadstoffarmen Marine-Gasöl und mit der höchsten Eisklasse PC 6 (Polar Class, also quasi Icebreaker) für Passagierschiffe. Tatsächlich fehlt hier der auf anderen Schiffen übliche Schwerölgestank und Ruß komplett. Den Segen von Greta bekämen wir wohl trotzdem nicht.
Das Alter der Teilnehmer ist naturgemäß am oberen Ende der Skala. Kinder an Bord: Fehlanzeige. Mit unseren etwa 50 Jahren sind wir unter den jüngsten Gästen an Bord.Viele der älteren Passagiere leben getreu dem Motto: Reise vor dem Sterben, sonst reisen Deine Erben. Das nötige Kleingeld ist vorhanden.
Unsere Reise beginnt in Frankfurt. Weil man sich sonst ja eh nichts gönnt und wir nicht wollen, dass unsere Erben reisen, fliegen wir Lufthansa First-Class nach Buenos Aires. In der nur 8 Passagiere fassenden First waren außer uns noch vier weitere Antarktis-Kreuzfahrer und ein sozialdemokratischer Ex-Bundeskanzler aus Österreich. Er genoss sichtlich den Kaviar und den Champagner. Es lebe der Luxus, Genossen!
Buenos Aires: Hier haben wir zwei Tage verbracht. Eine wunderbare Stadt, die unsere Erwartungen weit übertroffen hat. Es erinnert sehr an Madrid (wo wir einige Zeit lebten), die Häuser, der Lebensstil, der Geruch, alles.
Next Stop: Ushuaia. Eine 6-stündige Bustour rund um die südlichste Stadt der Welt, Mittagessen und Nationalpark inklusive, gibt uns einen ersten Eindruck von Feuerland. Wir kommen sicherlich wieder, um mehr von Patagonien und Tiego del Fuego (Feuerland) zu sehen.
Schiff ahoi! Endlich am Schiff und nach der obligatorischen Seenotrettungsübung stechen wir in Richtung Falkland-Inseln auf See. Naja fast, denn der Wetterbericht war übel. Ein 13-Meter-Wellen-und 100-km/h-großes Übel. Der Kapitän sagte den Start ab.
Nach einer Zusatznacht in Ushuaia und zwei ruhigen Tagen auf See gehen wir in Stanley auf den Falklandinseln an Land. Den meisten von uns ist diese Inselgruppe wegen des Krieges im Jahr 1982 ein Begriff. Argentinien, damals noch eine Militärjunta, hat die Insel eingenommen und nach 74 Tagen Kampfhandlungen haben die Briten die Gauchos dann wieder verjagt. Argentinien hat bis heute seinen Besitzanspruch auf die Inseln nicht aufgegeben. In den Gewässern rund um die Falklandinseln hat man vor einigen Jahren größere Ölvorkommen entdeckt.
Wir haben einige Stunden bei herrlichstem Wetter auf der Insel verbracht. Am Vortag hat noch der stärkste Sturm seit Jahren dort gewütet, unser Kapitän hat also alles richtig gemacht. Stanley ist ‚very british‘, es erinnert an eine schottische Kleinstadt. Eine kurze Fahrt zur naheliegenden Gypsy Cove rundet den Tag ab. Und wir sehen unsere ersten Pinguine. Anja ist glücklich.
Tag 7 und 8 verbringen wir erneut auf See. Diesmal mit Windstärke 8 und Wellen von ca. 4 Metern. Die ersten Passagiere werden seekrank. Wer nicht seekrank ist, hört sich die interessanten Vorträge der Experten zu verschiedensten Themen an: Seevögel, Geschichte der Antarktis, Kartographie, Klimaveränderungen und natürlich darf auch die seit einigen Jahren gehypte Story rund um Sir Ernest Shackleton nicht fehlen. Dazu später mehr.
Südgeorgien: Diese unbewohnte Inselgruppe liegt im Antarktischen Meer und ist ca. 1450 km von den Falkland-Inseln entfernt. 11 Berge sind über 2000 Meter hoch, der höchste Berg ist der Mount Paget mit 2934 m. Bis ins Jahr 1965 wurde hier intensiv Wal- und Robbenfang betrieben.
Die Landschaft ist einfach fantastisch, schneebedeckte Berge, unzählige Gletscher und natürlich eine Fauna, die ihresgleichen sucht. Wir sehen tausende Seebären, Robben, Vögel und Pinguine. Wir haben uns seit Wochen auf die Antarktis gefreut, aber bereits Südgeorgien übertrifft alle Erwartungen.
Ca. 60 Passagiere gehen frühmorgens in einer kleinen Bucht (Fortuna Bay) an Land. Es folgt eine Wanderung von etwas mehr als 6 Kilometern und 400 Höhenmetern in die nächste Bucht zur ehemaligen Walfangstation Stromness, wo uns das Schiff erwartet. Besagter Sir Shackleton ist diesen Weg im Mai 1916 nach einer gescheiterten Antarktis-Expedition gegangen. Zuvor segelte er 15 Tage mit einem kleinen Boot von Elefant Island in der Antarktis nach Südgeorgien. Das ist eine Strecke von mehr als 1500 Kilometer. Er hat damals alle seine Männer gerettet, was ihm letztendlich seinen Ruhm einbrachte. So wird Shackleton heute in der modernen Management-Literatur als Vorbild für hervorragenden Leadership gefeiert. Seine wissenschaftlichen Ergebnisse waren unterdurchschnittlich, auch den Südpol hat er nie erreicht – da kamen ihm Amundsen und Scott, vermutlich aufgrund besserer Planung, zuvor. In jedem Fall war Shackleton einer der außergewöhnlichsten Forscher aller Zeiten.
Am Nachmittag besuchen wir die ehemalige Walfangstation in Grytviken. Ein historischer Ort. Etwa 1 km entfernt liegt King Edward Point, die Hauptstadt von Südgeorgien. Ganzjährig leben ca. 25 Personen hier. Wir bestaunen verrostete Strukturen aus vergangenen Zeiten und nehmen an einer kleinen Zeremonie am Grab von Sir Ernest Shackleton teil. Die obligatorische Postkarte wird verschickt und wir besichtigen die Kirche aus dem Jahr 1913 sowie das kleine Museum.
St. Andrews Bay: “Frack tauchen”!
Wir gehen um 06:30 Uhr mit den Zodiacs in der St. Andrews Bay trotz starker, ablandiger Winde an Land. Hundertausende Frack-Träger vulgo Königspinguine begrüßen uns, nehmen ab und zu ein Bad im eisigen Meer. Es ist unendlich beeindruckend. Eine solch große Anzahl an Pinguinen werden wir auf unserer Reise nicht mehr sehen. Anja ist im Glück und ich genieße die spektakuläre Landschaft mit Blick auf riesige Gletscher und schneebedeckte Berge und träume vom Skifahren auf dieser Insel.
Happy Feet! Mit Eindrücken aus der Hercules Bay schließe ich nun Teil 1 der Antarktis-Expedition und grüße mit faulen Seerobben und den putzigen Goldschopf-Pinguinen – wie Rico aus “Die Pinguine aus Madagaskar” einer ist … to be continued …
Teil 2 von der Antarktischen Halbinsel folgt!